Überstunden: Was du wissen musst, um rechtlich und gesundheitlich abgesichert zu sein

Überstunden: Was erlaubt ist – und was nicht

Sie sitzen abends noch allein im Büro, während alle anderen schon längst Feierabend haben? Dieses Szenario ist für viele Beschäftigte keine Ausnahme. Eine Studie von Compensation Partner ergab, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt über drei Überstunden pro Woche leisten – bei Führungskräften sind es sogar rund 7,8 Stunden. Doch wie viele Überstunden sind eigentlich erlaubt? Wann müssen sie bezahlt werden? Und welche Rechte haben Sie?

Was sind Überstunden – und was ist Mehrarbeit?

Überstunden sind Arbeitszeiten, die über die im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegte Wochenarbeitszeit hinausgehen.
Beispiel: Ihr Vertrag sieht 40 Wochenstunden vor, Sie arbeiten 45 – das ergibt 5 Überstunden.

Mehrarbeit hingegen bezeichnet Arbeitszeiten, die über die gesetzlich zulässige Höchstdauer hinausgehen. Laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beträgt diese in der Regel 8 Stunden pro Tag.

Gesetzliche Regelungen laut Arbeitszeitgesetz

  • Die tägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich 8 Stunden nicht überschreiten
  • Eine Verlängerung auf bis zu 10 Stunden täglich ist nur möglich, wenn innerhalb von 6 Monaten ein Durchschnitt von 8 Stunden eingehalten wird
  • Maximal 48 Stunden pro Woche bei 6 Arbeitstagen

Dürfen Vorgesetzte Überstunden anordnen?

Nein – nicht pauschal. Überstunden dürfen nur verlangt werden, wenn:

  • eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag existiert
  • eine Betriebsvereinbarung dies zulässt
  • ein dringender betrieblicher Notfall (z. B. ein Systemausfall) vorliegt

Wichtig: Ein hoher Arbeitsanfall allein zählt nicht als Notfall. Und das Weisungsrecht („Direktionsrecht“) des Arbeitgebers reicht nicht aus, um Überstunden ohne vertragliche Grundlage dauerhaft zu verlangen.

Besondere Schutzbestimmungen

  • Schwangere und Stillende: dürfen keine Überstunden leisten (§ 4 Mutterschutzgesetz)
  • Minderjährige: unterliegen dem Jugendarbeitsschutzgesetz – keine Überstunden
  • Teilzeitkräfte: müssen nur dann Überstunden leisten, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde

Vergütungspflicht: Müssen Überstunden bezahlt werden?

Ja – grundsätzlich besteht Anspruch auf Vergütung, wenn:

  • Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet wurden
  • keine Pauschalabgeltung im Arbeitsvertrag vereinbart wurde

Alternativ kann auch ein Freizeitausgleich erfolgen – dies sollte schriftlich geregelt sein. Überstundenpauschalen sind nur dann wirksam, wenn sie transparent und nachvollziehbar sind (Urteil BAG vom 01.09.2010 – 5 AZR 517/09).

Was droht bei unbezahlten Überstunden?

Für Arbeitgeber:

  • Vergütungspflicht: Besteht bei nachgewiesener Mehrarbeit
  • Bußgelder: bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz
  • Imageschäden: durch schlechte Bewertungen und Arbeitgeberrankings

Für Arbeitnehmer:

  • Gesundheitliche Risiken: Erschöpfung, Stress, Burnout
  • Probleme beim Nachweis: Fehlen schriftlicher Anweisungen oder Zeiterfassung
  • Verjährung: Lohnansprüche verjähren in der Regel nach 3 Jahren

Tipps für den Umgang mit Überstunden

  • Zeiterfassung führen: Dokumentieren Sie Beginn, Ende und Anlass der Überstunden
  • Schriftliche Bestätigung einholen: Lassen Sie sich Überstundenanweisungen bestätigen
  • Gespräch suchen: Klären Sie bei regelmäßigem Mehraufwand Ihre Arbeitsbelastung
  • Rechtsberatung nutzen: Bei Konflikten mit dem Arbeitgeber kann juristischer Beistand helfen

Zusammenfassung

  • Überstunden sind rechtlich zulässig – aber nur unter bestimmten Bedingungen
  • Ein Anspruch auf Vergütung oder Freizeitausgleich besteht meist
  • Gesundheit, Arbeitsrecht und Fairness sprechen für einen bewussten Umgang mit Mehrarbeit
  • Die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze schützt beide Seiten vor Risiken

FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Überstunden

Wie viele Überstunden darf man maximal machen?

Maximal 10 Stunden pro Tag sind zulässig – sofern im Durchschnitt über 6 Monate oder 24 Wochen die 8-Stunden-Grenze eingehalten wird (§ 3 ArbZG). Wochenarbeitszeit max. 48 Stunden (bei 6 Tagen).

Müssen Teilzeitkräfte Überstunden leisten?

Nein – nur, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Teilzeit heißt nicht „flexibel verfügbar“ – auch hier gelten Schutzrechte wie bei Vollzeitkräften.

Dürfen Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden?

Nur, wenn die Regelung klar und transparent ist (z. B. „bis zu 10 Überstunden pro Monat sind mit dem Gehalt abgegolten“). Pauschale Formulierungen wie „alle Überstunden sind abgegolten“ sind unwirksam.

Wie kann ich Überstunden nachweisen?

Führen Sie ein Stundenprotokoll, am besten digital oder schriftlich, mit Datum, Uhrzeit und Tätigkeiten. Auch E-Mails, Kalender oder Projektzeiterfassungen können als Nachweis dienen.

Autor: Anne van Dannenberg
Senior SEO-Redakteurin mit dem Fokus auf Arbeitsrecht, New Work und faire Arbeitsbedingungen.

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